06-06-2007

Besser als die Vorlage – Alfonso Aguilar in der Westpfalz

 

Wie oft schon, habe ich ein gutes Buch gelesen und war anschließend von dem Film enttäuscht, den man aus einen so guten Ansatz machte. Deshalb fuhr ich mit gemischten Gefühlen zum Pferdeparadies Lindenhof nach Frohnhofen zum Kurs von Alfonso Aguilar...

Sein Buch hatte ich schon mehrmals verschlungen, nahm es in regelmäßigen Abständen bei der Arbeit mit unserem Junghengst zur Hand – jetzt sollte ich den Mexikaner mal persönlich bei seinem Kurs kennen lernen.

 

 

Der Lindenhof liegt wunderschön abseits auf einer Anhöhe und bietet für deren vierbeinige Bewohner den Pferdehimmel auf Erden – jedenfalls wenn man meine Betrachtungsweise teilt und die Tiere am liebsten in der natürlichsten Haltungsform sieht. Eine Herde von 15 – 20 Tieren tummelt sich auf einem riesigen Areal. Es sind verschiedene Rassen und Größen und alle scheinen sich trotz des anhaltenden Regens wohl zu fühlen. Obwohl sie einen riesigen Offenstall zur Verfügung haben, zieht es die Herde ins Freie – und das sollte jetzt selbst den Skeptikern zu denken geben – gell.

 

 

Lediglich einer der Herdentiere tanzt bzw. spukt ein wenig aus der Reihe. Das Muli, seines Zeichens Sommerekzemer, hat wegen seiner Krankheit ein wunderschönes Helloweenkostüm erhalten, dass selbst seine wunderschön, langen Ohren noch ausladender darstellt.

 

1. Tag "spuky Muli"

 

Martina Knapp, die Chefin vom Lindenhof erzählt mir, dass die Kameraden in der Herde am ersten Tag nur davongelaufen sind, wenn sich das Muli irgendwo zeigte. Am zweiten Tag hat es dann leider von einigen ein paar Tritte einstecken müssen – aber nun sei alles wieder gut. Die Kameraden haben sich an den „spuky“ Anblick gewöhnt und er wird genauso wie alle anderen akzeptiert.

2. Tag nicht mehr ganz so spuky

 

Natürlich bin ich wie immer ein wenig verspätet – das liegt an meiner Natur. Alle anderen Kursteilnehmer sitzen schon im gemütlichen Reiterstübchen bei Kaffee und Teilchen. Man stellt sich und seinen Partner Pferd vor und jeder Teilnehmer darf erklären, was er sich von dem Kurs verspricht bzw. warum er daran teilnimmt. Ich lausche gespannt und erkenne hier und da ein paar bekannte Gedanken. Alfonso Aguilar gibt bereits am Tisch einige Anregungen für geschilderte Probleme – aber eben keine vorgefertigten Weisheiten.

 

 

Damit hier ja niemand aus der Übung kommt heißt es als erstes ein paar Übungen mit dem Seil machen. Ich habe mit so einem Ding bis jetzt lediglich meine Pferde geführt und es zum Anbinden benutzt. Zum Longieren oder am Boden habe ich mich meiner Longierpeitsche bedient. Dass man mit dem Seil schwingen kann, zeigte uns der Mexikaner und dass das nicht immer auf Anhieb klappt, lernte ich dabei. Bei einer Übung mit dem Partner, wo man praktisch seinen Gegenüber nur ganz leicht mit dem Rope touchieren sollte, musste ich schmerzlich feststellen, dass auch mein Partner den Umgang mit dem Seil noch lernen musste.

 

 

Es folgten noch Übungen, bei denen es auf das exakte Timing beim Führen eines zurückweichenden Pferdes ankam. Alfonso zeigte in einer für jeden verständliche Art, wo die Defizite bei dem Einzelnen noch liegen. Aber es ist ja noch kein Meister vom Himmel gefallen und Übung macht bekanntlich den Meister.

 

Nach den Trockenübungen, die im wahrsten Sinne des Wortes auch trockene Übungen waren, wir standen ja immer noch im Offenstall unterm Dach, sollte es nun nach Draußen und an die Pferde gehen.

Draußen bedeutete aber für alle Teilnehmer Regen, der leider an dem Tag nicht enden wollte. Gott sei Dank hat Martina Knapp hier nichts dem Schicksal überlassen und zwei Pavillons neben den Reitplatz gestellt.

 

 

Als ich dann sah, was nun alles auf den Reitplatz geführt wurde, konnte es vielfältiger nicht sein. Da war unter anderem die Westernreiterin mit dem Quarter Horse, der Hufschmied mit seiner Holsteiner Stute, die Bäckereibesitzerin mit ihrem Tinker, die Araberfreundin und ihr feenzarter Freizeitpartner.

 

 

Alle Pferde wurden mit einem Knotenhalfter und einem langen Seil ausgestattet. Die einzelnen Teilnehmer sollten nun lernen, wie man das Pferd in kleinen Kreisen um sich schickt, ohne seine Position in der Kreismitte zu verändern. Dass das schwierig sein kann, durfte so mancher erfahren. Man driftet leicht unbewusst ab und verändert seine Position. Im Großen und Ganzen funktionierte diese Übung bei allen gleichermaßen gut.

 

 

Generell ließ der mexikanische Horseman die Leute über ihren Schatten wachsen, indem er ihnen mehr Vertrauen in sich selbst indirekt vermittelte. Mit seiner Ruhe und Ausgeglichenheit, schaffte er eine gute Ausgangsposition für ein erfolgreiches Miteinander. Für jeden seiner Schüler nahm er sich separat Zeit, denn jeder hatte so sein eigenes, persönliches Problem mit sich und/oder dem Pferd.

Trotz des anhaltenden Regens blieb die Stimmung während des Nachmittags ungetrübt. Das lag sicher auch an den humorvollen Eingaben von Christine Nusshag, die bei dem gesamten Kurs gekonnt die Übersetzung übernahm. Sie wusste von was sie redete, was man nicht von allen Übersetzern bei Kursen ausländischer Referenten behaupten kann. Habt Ihr schon mal einen vom Pferd reden hören, der nichts vom Pferd versteht? Sicher, ja – aber dafür ist der Kurs wirklich zu schade.

 

 

Bei Alfonso Aguilar spürt man, dass es ihm noch Spaß macht, mit Pferden zu arbeiten und Menschen zu unterrichten. Sein sonniger, mexikanischer Humor bescherte uns so manchen Lacher und das entspannte ungemein.

 

Nach einigen Übungen am Boden sollte nun jedes Pferd einen monstreusen Parcours gespickt mit üblen Flattersachen, Wippen, Engpässen und was einem Mexikaner und einer Pfälzischen Hofbetreiberin noch alles einfallen kann, passieren.

Ganz wichtig war, dass die Pferde die Hindernisse alleine meistern – nicht von seinem führenden Mensch hinter her gezerrt.

 

Und dann habe ich mich aber gewundert, wie schön das nach Anleitung bei allen Pferden, vom eher ängstlich nervösen Araber über den weniger zart besaiteten Tinker bis hin zum dann doch nicht ganz so coolen Quarter ging.

 

 

Wenn´s irgendwo mal hakte, war Alfonso sofort zur Stelle. Man fühlte förmlich so manche Pferdebesitzerbrust heranschwellen, denn das Überwinden dieses Parcours hätte sich jeder für sich alleine nicht wirklich zugetraut. Am Schluss legte so manches Pferd eine zirkusreife Nummer hin.

 

 

 

 

 

 

Das sollte für den ersten Tag genug sein – für die Pferde denn Alfonso hatte für uns Zweibeiner noch ein paar Tipps aus dem Alltag, die er uns an „Hektor“, dem Holzpferd demonstrierte. Sicher aufsteigen, das korrekte Satteln eines unangebundenen Pferdes, das einfache Hinaufwerfen des Sattels auf den Pferderücken sollte selbst den Kleinsten unter uns Kursbesuchern gelingen.

 

 

Nach so viel Input konnte ich nach einer Pizza prima einschlafen.

 

 

Am nächsten Tag schien die Sonne und die erhellte dann auch unsere Gemüter. Eine frische Schülerschar harrte der Dinge die da kommen sollten. Alfonso hatte für den zweiten Tag die Arbeit im Round Pen und das Reiten vorgesehen. Aber erst mal ging´s wieder an die Trockenübungen. Diesmal demonstrierte er den Umgang mit dem Kontaktstock. Er zeigte uns, wie man damit wirklich umgeht und ist dann auch bei mir mal angekommen. Später im Round Pen konnten die Teilnehmer dann das Gelernte in die Praxis umsetzen.

 

 

Zunächst demonstrierte jeder Teilnehmer, was er im Einzelnen schon mit seinem Pferd im Round Pen geübt hatte. Alfonso ging sehr genau auf jeden ein, zeigte vorhandene Probleme an und arbeitet anschließend gemeinsam mit dem Teilnehmer an der Lösung.

 

 

Beeindruckend fand ich eine Vorführung von Susanne mit ihrem Araber. Sie tanzte förmlich mit dem Tier – so was hatte ich vorher noch nie gesehen. Auch Alfonso Aguilar schien sehr beeindruckt von dieser Arbeitsweise. Er stellte noch ein paar Fragen zu dieser Methode und arbeitet mit ihr an dem Anhalten ihres Pferdes und weiteren kleineren Details.

 

Am zweiten Tag waren die Teilnehmer so langsam „warm“ miteinander. So herrschte beim Mittagessen eine fröhliche und ausgelassene Stimmung. Eine richtig deftige Gemüsesuppe mit Würstchen wartet auf uns und danach gab ´s noch verschiedene Obstböden – besser kann´s einem nicht gehen. Ich hörte schon meine Couch rufen, als mich mein Mann jäh zum Reitplatz dirigierte.

 

 

Nun sollte die Teilnehmerschar ihre Pferde auf dem Reitplatz satteln. Ist nicht unbedingt leicht, wenn man einen 15 kg Westernsattel, ein Pad unterm einen Arm hat, mit dem Ellenbogen die Reins am Körper festquetscht, damit das Pferd sich nicht aus dem Staub macht. Rauf kriegt man die Sachen schon, aber ob dann noch alles richtig faltenfrei und ordentlich liegt. Man sieht schon, dass ein Cowboy ein Cowboy ist und ein Greenhorn ein Greenhorn bleibt. Was für Alfonso die tägliche Routine ist, wirkt bei uns eher als gerade mal das Klassenziel erreicht. Hier hilft nur üben und dann flutscht der Sattel von allein rauf .

 

Als alle Pferde unterm Sattel waren, zeigt uns Alfonso gleich mal das Wichtigste, was ein Reiter braucht – die Bremse. Und so was funktioniert nur, wenn es gängig ist. In unserem Fall galt es nun, das Pferd nach einer Seite so weit zu biegen, dass es zum Stillstand kommt. Das sollte nach mehreren Versuchen und unter Anleitung von unserem Trainer bald bei allen mehr oder weniger fein funktionieren.

 

 

Lediglich bei der Stute aus Western-Holstein funktionierte die Bremse nicht immer so hervorragend. Sie zeigte ihrem Besitzer zähneknirschend, dass sie erst anhält, wenn sie es für richtig findet. Auch hier ging für Alfonso die Sicherheit vor und er empfahl dem Besitzer, mit der Stute besonders langsam und einfühlsam vorzugehen. Man übte Seitengänge an der Bande entlang – in die gute und in die schlechte Richtung, den Back Up und vieles zur Gymnastizierung der Pferde. Alfonso schien seine Augen überall zu haben, denn hier korrigierte er den Sitz, dort die Zügelhaltung.

 

 

Für alle, die dann noch immer nicht genug hatten, kam die Galopprunde, bei der es ihm auf die korrekte Ausführung ankam. Die Pferde sollten auf den Punkt angaloppiert werden und sich dann auch noch im richtigen Galopp befinden. Am Ende sah man jeden mindestens einmal über seinen Erfolg mit seinem Pferd lächeln.

 

Alfonso machte uns in seinem Kurs deutlich, dass man mit dem Druck gerade im Round Pen vorsichtig umgehen muss. Er förderte das Loben, das positive Konditionieren – und er förderte den Spaß beim Umgang mit unserem Partner Pferd. Die Sicherheit steht bei ihm stets im Vordergrund und er rät jedem, in schwierigen Situationen auch mal abzusteigen. Er wünscht sich ein besseres Verständnis zwischen Mensch und Pferd … und daran haben wir alle noch zu arbeiten. Sicher kann so ein Horseman nicht in zwei Tagen sämtliche Lösungen und Tipps für alle Lebenslagen geben. Versucht Ihr mal in kurzer Zeit eine Anleitung für eine sehr komplizierte Angelegenheit zu schreiben – das schafft niemand.

 

 

Der Kurs und all das Drumherum war eine Bereicherung, sicher nicht nur für mich. Martina Knapp hat alles erdenkliche getan, um uns den Aufenthalt auf ihrem Hof so angenehm als möglich zu machen, Christine Nusshag versprühte mit all ihren Kommentaren eine fröhliche Stimmung auf dem Hof und der Lehrmeister hatte so gar nichts Guruhaftes, der war einfach authentisch und ließ uns auch unseren Glauben an andere „Religionen“.

 

 

Mir hat´s gefallen und wenn ich nicht wieder alles vergesse, werde ich jetzt in vielen Situationen besser mit meiner Zicken-Shira umgehen können. Vielleicht verstehen wir uns ja auch an einem schönen Tag dank Alfonso richtig gut.

Auch wer sein Buch gelesen hat, kann getrost in seinen Kurs gehen – Alfsonso Aguilar live ist in jedem Fall eine wichtige Ergänzung.

 

 

Mehr über´s Pferdeparadies Lindenhof findet Ihr unter www.pferdeparadieslindenhof.de

 

Alle Bilder des Kurses findet Ihr HIER

Wie immer könnt Ihr die Bilder auch bei uns bestellen (info@western-journal.de) . Die kleineren Fotos (13x18) kosten EUR 5,00, die Großen (20x30) EUR 12,00. Verpackung- u. Versand: EUR 2,50